Kontroversen in Militärethik und Sicherheitspolitik
Wahrheit nach Gewaltkonflikten – Wahrheitsfindung im Kontext von Transitional Justice und Versöhnungsprozessen
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben (…)“
(Bildrede Jesu, Joh 14,6)
„Denn das zu sagen, was ist, dass es nicht ist, oder was nicht ist, dass es ist, ist falsch. Und das zu sagen, was ist, dass es ist, oder was nicht ist, dass es nicht ist, ist wahr.“ (Aristoteles, Metaphysik, Buch IV (Γ), Kapitel 7 (1011b25))
„Those are the facts, but not the truth.” (Zero Day, Ep. 6, Netflix − Hauptermittler George Mullen, gespielt von Robert De Niro)
Die Überwindung von Gewaltkonflikten und der Aufbau eines nachhaltigen Friedens stellen komplexe gesellschaftliche und politische Herausforderungen dar. Wo systematisches Unrecht geschieht, werden nicht nur Menschenleben und soziale Beziehungen zerstört, sondern auch Tatsachen verdrängt, verdeckt oder geleugnet. Gerade nach Kriegen, Bürgerkriegen oder Massenverbrechen wie ethnischen Säuberungen, Völkermord oder kolonialer Gewalt stellt sich die zentrale Frage, wie Gesellschaften mit ihrer Vergangenheit umgehen. Die Antwort darauf prägt unmittelbar auch die Zukunftsperspektiven eines Landes. Der Aufbau nachhaltigen Friedens – sei es nach innerstaatlichen oder internationalen Konflikten – erfordert Maßnahmen, die Gerechtigkeit, Vertrauen und Versöhnung zusammenführen. Dabei rückt die Rolle der Wahrheit und der aktiven Wahrheitsfindung und Aufarbeitung in den Vordergrund.
Zwei Konzepte sind in diesem Zusammenhang besonders relevant. Als erstes das Konzept der Transitional Justice – ein integratives Instrumentarium zur Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und institutionellen Reform zur Aufarbeitung vergangener Gewalt[1], insbesondere in Transformationsphasen nach autoritären Regimen oder bewaffneten Konflikten. Ziel ist es, den Übergang zu Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Diese vier Dimensionen markieren zugleich die Kernbereiche der Transitional Justice und konkretisieren ihren Anspruch, systematisches Unrecht durch strukturierte Aufarbeitung gesellschaftlich zu bearbeiten. Dabei wird unter anderem davon ausgegangen, dass klassische Gerichtsverfahren allein angesichts der Dimensionen des Unrechts unzureichend sind. Ergänzend bedarf es alternativer Mechanismen, die auf Anerkennung, Dialog und gesellschaftlicher Einbindung basieren.[2]
Als zweites steht das Konzept der Versöhnung, verstanden im politikwissenschaftlichen und sozialpsychologischen Sinn, als ein Ziel und ein Prozess zur Erreichung guter Beziehungen nach enormer Gewalt.[3] Versöhnungsprozesse entstehen sowohl nach innergesellschaftlichen als auch nach internationalen Konflikten. Sie setzen langfristige Bemühungen um gemeinsame Erinnerung, historische Aufarbeitung und institutionellen Austausch voraus und inkludieren sowohl Mechanismen der Transitional Justice als auch eine Fülle von reparativen, symbolischen und ethischen Maßnahmen.[4] Beispiele wie die deutsch-französische oder die deutsch-polnische Versöhnung verdeutlichen die Rolle von Erinnerungsarbeit, Bildungsinitiativen und symbolischer Anerkennung. Ziel ist ein tiefer Frieden, in dem trotz fortbestehender Spannungen Gewaltanwendung das unwahrscheinlichste Mittel ist.[5] Die Voraussetzung dafür ist oftmals ein Mindestkonsens über historische Wahrheit.
Wahrheit ist dabei keine neutrale Größe. Sie bewegt sich zwischen dokumentierter Faktizität und gesellschaftlicher Anerkennung, zwischen individueller Erfahrung und kollektiver Verarbeitung. Ihre Bedeutung entfaltet sich auf zwei Ebenen: symbolisch durch Anerkennung des Leids, moralische Rehabilitierung und die Rückgabe von Würde; und materiell, etwa durch Strafverfolgung, Reparationen und strukturelle Reformen. Beide Ebenen zielen darauf ab, Vertrauen zwischen ehemaligen Konfliktparteien herzustellen, auf lokaler wie auf internationaler Ebene, und Gewalt als Mittel der Konfliktaustragung zu delegitimieren.
Gerechtigkeit ist eng mit Wahrheit verknüpft. Sie umfasst die Zuweisung von Verantwortung und Schuld sowie die Schaffung von juristischer, politischer und gesellschaftlicher Gerechtigkeit durch Kompensation und Teilhabe. Wiedergutmachung ist ein wesentliches Element. Für viele Opfer bedeutet Gerechtigkeit nicht nur die Bestrafung der Täter, sondern auch die Erfahrung von Gleichbehandlung und öffentlicher Anerkennung. Bleibt Gerechtigkeit aus oder erscheint sie selektiv, führt dies zu Vertrauensverlust in Institutionen und gegenüber ehemaligen Gegnern. Eine Wahrheit ohne Konsequenzen kann ebenso frustrierend sein wie Gerechtigkeit ohne vorherige Anerkennung des Leids.[6]
Die Abwesenheit von Wahrheit, etwa durch Leugnung, Schweigen oder Umdeutung, stellt eine „zweite Schuld“ dar. Sie relativiert das begangene Unrecht, löscht die Erinnerung an die Opfer aus und vertieft gesellschaftliche Gräben. Wie Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger und Vorsitzender der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission, TRC), betont, entsteht der Weg zur Versöhnung durch die Wahrheit.[7] Die Umsetzung dieses Ideals bleibt jedoch komplex und vielschichtig.
Formen von Wahrheit
Verschiedene Formen von Wahrheitsfindung sind zentral für Transitional Justice. Wahrheit ist notwendig[8], aber allein nicht hinreichend für einen tiefgreifenden Versöhnungs- und Friedensprozess. Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Blick auf verschiedene Formen von Wahrheit und ihre Rolle bei der Förderung von Vertrauen und der Stabilisierung der postkonfliktiven Gesellschaft. Die Einsicht in historische Gewalt, die symbolische Anerkennung des Leids und der Versuch, Verantwortlichkeiten zu klären, bilden eine moralische Grundlage für gesellschaftliche Heilung. Dabei wird Wahrheit zur Voraussetzung für Gerechtigkeit und Versöhnung.
Die südafrikanische TRC hat vier Arten von Wahrheit definiert.[9] Zur Verdeutlichung werden diese, erweitert um die juristische und historische Wahrheit, in Tabelle 1 dargestellt und anschließend erläutert.
Art der Wahrheit
Erklärung
Narrative bzw. persönliche Wahrheit
Subjektive Perspektive von Betroffenen; Erfahrungsberichte, Erinnerungen und Erzählungen, die individuelles Erleben sichtbar machen.
Faktische/forensische Wahrheit
Objektiv überprüfbare, dokumentierte Fakten über Täter, Taten, Zeit und Ort, etwa durch Beweise, Dokumente, Berichte, menschliche Überreste/genetisches Material und Zeugenaussagen.
Soziale Wahrheit
Wahrheit, die im öffentlichen Diskurs, im Dialog verschiedener Gruppen entsteht und gesellschaftlich anerkannt und getragen wird.
Heilende Wahrheit
Wahrheit, die zur seelischen Verarbeitung beiträgt, oft durch öffentliche Anerkennung des Leids, Anerkennung von Opfern, öffentliche Entschuldigungen.
Juristische Wahrheit
Durch rechtsstaatliche Verfahren ermittelte und anerkannte Tatsachen (z. B. vor Gericht belegte Verbrechen, Schuldzuweisungen und Geständnisse).
Historische Wahrheit
Durch wissenschaftlich-historische Forschung rekonstruierte Geschehnisse, basierend auf Quellenkritik, Kontextualisierung und Analyse.
Tabelle 1
Wahrheit ist mehr als die bloße Ansammlung von Fakten – sie umfasst Zusammenhänge zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie kann individuell erlebt, gesellschaftlich erinnert, institutionell überliefert oder symbolisch vergegenwärtigt werden. Das zeigt sich etwa am Beispiel des Mauerfalls in Deutschland, einem Ereignis, das sowohl persönlich bezeugt als auch dokumentiert und in staatliche wie internationale Verträge eingebettet ist. Faktisch wurde eine Grenze geöffnet; in der kollektiven Wahrnehmung war es jedoch der Beginn der deutschen Einheit, ein Beispiel für die Differenz zwischen dokumentierter Tatsache und erinnerter Wahrheit. Gleichzeitig war es mehr als eine Grenze, da sie nicht nur zwei aus einem Staat entstandene Staaten, sondern zwei Blöcke trennte. Bei historischen Ereignissen, die außerhalb lebendiger Erinnerung liegen, wie etwa der Schlacht im Teutoburger Wald, unterliegt Wahrheitsfindung einem anderen Prozess. Sie ist Ergebnis von Geschichtsschreibung, archäologischer Forschung und gesellschaftlicher Rezeption. Insgesamt bewegt sich historische Wahrheit stets im Spannungsfeld von Fakten, Deutung und Fiktion.[10]
Im Fall der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager ist die faktische Wahrheit durch umfangreiche Belege (Gebäude, Dokumente, Zeugenaussagen und Gerichtsverfahren) unbestreitbar. Doch die Wahrheit reicht darüber hinaus. Sie ist in der Erinnerungskultur verankert und wird in symbolischen Praktiken wie dem Reinigen von Stolpersteinen oder dem Gedenken am 9. November performativ aufrechterhalten. Auch wer das Geschehen nicht selbst erlebt hat, kann durch diese Formen des Gedenkens an der sozialen Wahrheit teilhaben und sie weitertragen.
Hinzu kommt die Frage nach der Zuverlässigkeit individueller Erinnerung. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass insbesondere unter extremem Stress – wie bei Krieg oder Verfolgung – Fehlerinnerungen entstehen können.[11] Damit wird auch die individuelle Wahrheit fragil. Dennoch bleibt sie ein unverzichtbarer Bestandteil kollektiver Aufarbeitung und gesellschaftlicher Heilung.
Diese Dimensionen von Wahrheit zeigen, wie eng sie mit Erinnerung, Anerkennung und kollektiver Identität verwoben ist. Die Memory Studies befassen sich damit, wie und warum Gesellschaften erinnern und was sie verdrängen. So erinnert Griechenland mit dem Nationalfeiertag „Ochi-Tag“ jährlich am 28. Oktober als einziges Land an seinen Eintritt in den Zweiten Weltkrieg. So möchte man vielleicht an den heroischen Kampf erinnern und feiern, dass man sich erfolgreich gegen den italienischen Faschismus gewehrt hat, bis die Wehrmacht im April 1941 Italien zu Hilfe eilte. Doch dass man den Anfang und nicht das Ende des Kriegs feiert, kann auch an der schwierigen Nachkriegsgeschichte Griechenlands liegen. Die Besatzungszeit mündete in einen verheerenden Bürgerkrieg (1946–1949), der tiefgreifende gesellschaftliche Spaltungen hinterließ. Die offizielle nationale Erinnerung meidet diesen schmerzhaften Teil der Vergangenheit.[12] Das Beispiel zeigt, dass kollektives Erinnern immer auch Entscheidungen über selektives Vergessen impliziert.
Diese Vielzahl an Wahrheitsformen zeigt, wie komplex Wahrheitsfindung auch im Kontext von Transitional Justice ist. Sie verlangt nicht nur nach Fakten, sondern auch nach Anerkennung und einer aktiven Erinnerungskultur.
Wahrheit als Verhandlungsraum und Konfliktfeld
Wie der vorangehende Abschnitt zeigt, entsteht Wahrheit als komplexes Konstrukt aus objektiven Gegebenheiten und darauf Bezug nehmenden Interpretationen. Auf kollektiver Ebene wird Wahrheit darüber hinaus zum Gegenstand politischer Aushandlungsprozesse. Erinnerungspolitik und diplomatische Beziehungen können schnell zu Konfliktfeldern werden, insbesondere wenn unterschiedliche Akteure um Deutungshoheit ringen. Der Begriff „Memory Wars“ ist mittlerweile in den Memory Studies etabliert und findet sich in der wissenschaftlichen Literatur zu unterschiedlichen Konflikten.[13]Ein Beispiel für einen virulenten Memory War, der inzwischen auch in Deutschland angekommen ist, ist der Konflikt zwischen Japan und Korea im Zusammenhang mit der Erinnerung an die sogenannten „Trostfrauen“. Im Zuge des imperialjapanischen Kolonialismus und verstärkt während des Zweiten Weltkriegs errichtete die japanische Armee in besetzten Gebieten Bordelle, in denen Frauen aus Korea und anderen besetzten Ländern oft unter Zwang als Sexarbeiterinnen eingesetzt wurden. Während viele koreanische Stimmen dieses System als Sexsklaverei bezeichnen, verweist Japan häufig auf den angeblich freiwilligen Charakter der Beteiligung. Doch die Wahrheit ist viel komplexer.[14] Diese Deutungskonflikte wurden etwa in Deutschland sichtbar, als 2020 in Berlin eine Gedenkstatue errichtet wurde. Die Initiative stieß auf diplomatischen Widerstand der japanischen Regierung, aber auch auf zivilgesellschaftliche Unterstützung.[15] Wer über solche Symbole und Erinnerungsorte bestimmt, gewinnt zugleich Einfluss auf die gesellschaftlich akzeptierte Wahrheit. Wahrheit wird hier nicht nur als historische Tatsache verstanden, sondern als diskursives Konstrukt; sie ist verhandelbar, kontextabhängig und politisch aufgeladen. Am Beispiel stellt sich die Frage, in wessen Händen die Deutungshoheit über die Vergangenheit liegt: bei den überlebenden koreanischen Frauen, der japanischen Regierung, den zivilgesellschaftlichen Akteuren oder dem Regierenden Bürgermeister? Die Wahrheit wird hier nicht einfach festgestellt, sondern im Zusammenspiel dieser Akteure ausgehandelt und öffentlich verhandelt. Es ist ein dynamischer Prozess, der politische, kulturelle und ethische Dimensionen vereint.
Ein weiteres Beispiel ist die Debatte um die sogenannte Wehrmachtsausstellung in Deutschland. Diese Ausstellung, die ab den 1990er-Jahren die Beteiligung der Wehrmacht an Kriegsverbrechen dokumentierte, widersprach dem bis dahin verbreiteten Narrativ der „sauberen Wehrmacht“. Obwohl die Geschichtswissenschaft bereits seit Jahren Verbrechen der Wehrmacht belegte, stieß die Ausstellung auf heftige Ablehnung, insbesondere aus konservativen Kreisen. Es kam zu Protesten, Gerichtsverfahren und einer temporären Aussetzung. Doch die Wiederaufnahme der Ausstellung nach Überarbeitung und Korrektur von gravierenden Fehlern führte zu einer tiefgreifenden Veränderung der öffentlichen Debatte.[16] Wahrheit, so zeigt dieses Beispiel, kann kontrovers, schmerzhaft und dennoch notwendig sein, insbesondere wenn sie zentrale Identitätsmuster einer Gesellschaft infrage stellt.
Die Anerkennung historischer Wahrheit bildet somit eine zentrale Voraussetzung für zwischenstaatliche Versöhnung. Ein symbolträchtiges Beispiel dafür ist das gemeinsame Gedenken deutscher und französischer Staatsoberhäupter[17] an das Massaker von Oradour-sur-Glane, bei dem das französische Dorf am 10.6.1944 von Einheiten der SS zerstört wurde und die zur Zeit des Massakers anwesenden Menschen fast vollständig ermordet wurden. In Frankreich wird Oradour als village martyr – also Märtyrerdorf – bezeichnet und steht exemplarisch für die Gräuel der Besatzungszeit.[18] Ein gemeinsames Gedenken wäre ohne einen Konsens über das Geschehene als verbrecherischen Akt kaum denkbar. Es setzt voraus, dass beide Seiten nicht nur die historische Faktizität anerkennen, sondern auch die moralische Deutung teilen, dass das Verbrechen nicht relativiert wird und dass daraus ein gemeinsamer Auftrag zur Erinnerung, zur Verantwortung und zur Versöhnung erwächst. Wahrheit ist in diesem Zusammenhang nicht bloß ein historisches Faktum, sondern ein symbolischer und politischer Referenzpunkt, der gemeinsames Erinnern ermöglicht. Wahrheit ist der gemeinsame Nenner, auf dem Versöhnung, Friedenspolitik und Vertrauen aufbauen.
Vergangene Untaten können sich aber auch in Form von divergierenden und feindseligen Narrativen festigen. Nennenswert für zwischenstaatliche Versöhnungsprozesse ist daher die Einrichtung bilateraler Historikerkommissionen. Deutschland gründete 1990 eine solche mit der damaligen Tschechoslowakei (heute gibt es eine deutsch-tschechische und eine deutsch-slowakische) und seit 2009 existiert auch eine deutsch-italienische Historikerkommission. Neben dem allgemeinen Ziel der Vertrauensbildung durch gemeinsame Arbeit sollen sie unter anderem dazu beitragen, historische Übertreibungen zu korrigieren und durch Forschungs- und Bildungsarbeit zur gemeinsamen, konflikt- und gewaltbelasteten Geschichte Gräben zu überbrücken.
Die Auseinandersetzung um Wahrheit, sei es in Form von „Memory Wars“, Geschichtspolitik oder diplomatischer Symbolik, macht deutlich, dass Gewaltkonflikte weit über das Ende der Kampfhandlungen hinauswirken. Deshalb ist Wahrheitsfindung mehr als bloße Rekonstruktion, sie ist ein gesellschaftlicher Prozess, der Diskurse strukturiert, Identitäten formt und Versöhnung ermöglicht − oder verhindert, wenn dieser Prozess der Wahrheitsfindung ausbleibt. Ohne die bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Wahrheit bleibt Versöhnung oberflächlich, fragmentiert oder gar unmöglich.[19]
Wahrheit als Recht
Das sogenannte „Right to the truth“, im Deutschen als Recht auf Wahrheit bekannt[20], ist untrennbar mit der Praxis des Verschwindenlassens verknüpft. Dies ist eine systematische paramilitärische/staatliche/bürgerkriegsübliche Gewaltpraxis, bei der Menschen entführt und ohne Information über ihr Schicksal oder ihren Aufenthaltsort gefangen gehalten oder ermordet werden. Dieses Mittel wurde und wird auf allen Kontinenten eingesetzt; von der Franco-Diktatur in Spanien über die Militärjuntas Lateinamerikas, das Apartheid-Regime in Südafrika bis hin zu den Todeskommandos in Indonesien (1965/66) oder den Konfliktparteien in Kolumbien und Sri Lanka.
Für die betroffenen Angehörigen bedeutet das Verschwindenlassen mehr als nur den Verlust eines Menschen. Es hinterlässt eine Wunde, die nicht heilen kann, solange das Schicksal der Verschwundenen unbekannt bleibt. Ohne Gewissheit über Tod oder Überleben, über Umstände, Ort oder mögliche Beisetzung bleiben Trauer und Verarbeitung blockiert. Der Alltag wird zum Schwebezustand; emotional, sozial und juristisch. Dieser Zustand kann über Jahre und Jahrzehnte andauern.
In solchen Kontexten kommt dem Recht auf Wahrheit eine fundamentale Bedeutung zu. Es beschreibt das Recht von Angehörigen, aber auch von Gesellschaften, die Wahrheit über schwere Menschenrechtsverletzungen zu erfahren, insbesondere über das Schicksal verschwundener Personen.[21] Das Recht wurde zunächst implizit in internationalen Menschenrechtsnormen anerkannt, aber im Verlauf der 2000er-Jahre zunehmend explizit kodifiziert. 2005 bekräftigte der UN-Menschenrechtsrat in seiner Resolution 2005/66 das „Recht auf Wahrheit“ als eigenständiges Menschenrecht.[22]
In der Praxis wird dieses Recht auf vielfältige Weise umgesetzt. In Zypern, wo es zwischen der griechisch-zypriotischen und türkisch-zypriotischen Gemeinschaft seit 1963 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und schließlich zur türkischen Invasion und zur Teilung der Insel kam, bemüht sich das Komitee für Vermisste (CMP) seit Jahrzehnten um die Klärung von Fällen verschwundener Personen.[23] Das ist ein Beispiel für eine grenzüberschreitende, bi-kommunale Wahrheitsarbeit. In Kolumbien wurde das Recht auf Wahrheit ausdrücklich in die Friedensvereinbarungen zwischen Regierung und FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) integriert. Die dortige Wahrheitskommission widmete sich nicht nur der Faktenklärung, sondern auch der gesellschaftlichen Anerkennung der Opfer (Vera Lugo 2016). In Nepal, wo ein zehnjähriger Bürgerkrieg (1996–2006) zwischen maoistischen Aufständischen und der Monarchie das Land erschütterte, blieb die Umsetzung trotz einer installierten Wahrheitskommission stark eingeschränkt.[24] In Sri Lanka, das durch jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen tamilischen Separatisten und der Zentralregierung geprägt war, wurde das Recht auf Wahrheit trotz internationalem Druck bisher nur unzureichend institutionalisiert[25], was das Vertrauen in den Friedensprozess und die Legitimität der Institutionen nachhaltig schwächte.
Das Right to the truth ist somit weit mehr als ein individueller Anspruch; es bildet ein zentrales Instrument individueller und kollektiver Heilung, demokratischer Legitimation und Herstellung gesellschaftlichen Vertrauens. Es eröffnet den Zugang zu Wahrheit nicht nur im Sinne der historischen Faktizität, sondern auch als Anerkennung, Sichtbarmachung und Aufarbeitung von Leid. Es kann die Angehörigen von Unwissenheit befreien und zur sozioemotionalen Auseinandersetzung mit Verlust beitragen. Ob jedoch das Recht tatsächlich umgesetzt wird, hängt maßgeblich von den institutionellen Strukturen und dem politischen Willen der jeweiligen Gesellschaft ab.
Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und ihre Abwesenheit als Teil der Wahrheit
In Mechanismen der Transitional Justice nehmen Wahrheitskommissionen eine zentrale Rolle ein. Sie sollen zur systematischen Aufarbeitung und Anerkennung von Gewalt beitragen und damit als Grundlage für Gerechtigkeit und Versöhnung dienen. Doch im Laufe der bisherigen Praxis wurde deutlich, dass Wahrheitsfindung nicht zwingend die ganze Wahrheit ans Licht bringt. Häufig bleibt sie fragmentarisch, subjektiv oder wird später durch neue Fakten ergänzt oder gar korrigiert. Daher wird zunehmend argumentiert, nicht nur das Ergebnis, sondern den Prozess der Wahrheitsfindung selbst als Teil der kollektiven Wahrheit zu begreifen.[26] Der Versuch, Wahrheit herzustellen, unabhängig von seiner Vollständigkeit, wird so zum legitimen Teil einer gesamtgesellschaftlichen Aufarbeitung. Die Einsetzung von Wahrheitskommissionen, selbst bei begrenztem Erfolg, kann symbolische Wirkung entfalten und Vertrauen fördern. Sie dokumentiert, dass ein Staat oder eine Gesellschaft sich bemüht, Gerechtigkeit herzustellen. So wird der Versuch, durch Wahrheit Gerechtigkeit zu ermöglichen, zu einer eigenen Form von Wahrheit.
Gleichzeitig zeigt sich an vielen Beispielen die Spannung zwischen Wahrheit und Gerechtigkeit. Es kann etwa sein, dass im Zuge politischer Kompromisse Amnestien für Täter gewährt werden, um einen brüchigen Frieden nicht zu gefährden. Diese Entscheidung kann von weiten Teilen der Gesellschaft als ungerecht empfunden werden, insbesondere dann, wenn keine ergänzenden Maßnahmen wie Reparationen, Anerkennung oder institutionelle Reformen erfolgen. Noch problematischer ist der Fall, in dem trotz klarer Beweislage und funktionierender Justiz keine Strafverfolgung erfolgt oder diese politisch bedingt ausbleibt; das trifft auch im internationalen Kontext zu.
Ein Beispiel ist der Fall Max Merten, ein hoher NS-Funktionsträger und Jurist, der während der deutschen Besatzung Griechenlands als Militärverwaltungsrat in Thessaloniki agierte. Merten war zentral verantwortlich für die Deportation der jüdischen Bevölkerung Thessalonikis. Über 90 Prozent der jüdischen Gemeinde, etwa 50.000 Menschen, wurden in Konzentrationslager deportiert und ermordet.[27] Merten wurde 1957 in Griechenland verhaftet und zwei Jahre später verurteilt, und das als einziger deutscher Verantwortlicher in diesem Kontext. Unter massivem diplomatischem Druck wurde er jedoch bald in die Bundesrepublik überstellt, wo er keine weitere strafrechtliche Verfolgung erfuhr und sein Leben und seine juristische Karriere weiterführen konnte. Der Fall illustriert nicht nur das Versagen der deutschen Justiz im Umgang mit NS-Verbrechern, sondern auch das politische Kalkül Griechenlands, das während wirtschaftlicher Verhandlungen mit der BRD offenbar bereit war, die Gerechtigkeit für die eigenen Opfergruppen hintanzustellen.[28] Gleichzeitig verweist der Fall Merten auf das strukturelle Versäumnis Griechenlands, die Kollaboration und Verantwortung angemessen aufzuarbeiten. Diese Geschichte erzählt von verschiedenen Wahrheiten: von den Verbrechen der deutschen Besatzer an der jüdischen Zivilbevölkerung, vom Versagen der deutschen und der griechischen Justiz, vom politischen Pragmatismus Griechenlands in Zeiten bilateraler Verhandlungen mit der BRD und vom bleibenden Schmerz in der jüdischen Gemeinde Thessalonikis und anderer Opfergemeinden Griechenlands. Die unterlassene Gerechtigkeit ist somit Teil der historischen Wahrheit. Ihr Eingeständnis bleibt die einzige Form nachträglicher Anerkennung. Solche Entwicklungen verdeutlichen, dass die Abwesenheit von Gerechtigkeit nicht das Ende von Wahrheitsfindung bedeutet, sondern selbst zu ihrem Gegenstand werden kann, zumal Wahrheitsfindung und damit verbundene Gerechtigkeitsbestrebungen sich idealtypisch als über Generationen verlaufende, „wellenförmige“ Prozesse darstellen[29]. Wahrheit ohne Gerechtigkeit ist unbefriedigend und muss dennoch ausgehalten werden, obwohl diese Abwesenheit bzw. Unvollkommenheit die Betroffenen bestürzen kann.
Besonders deutlich wird die Fragilität von Wahrheit in Situationen, in denen Täter schweigen, sei es aus Angst, Loyalität oder Kalkül. Es kommt dann zur stillschweigenden Übereinkunft, um Schuld nicht benennen zu müssen, Täter nicht zu entlarven und die fragile soziale Ordnung nicht zu gefährden. In solchen Konstellationen wird das Schweigen selbst zu einem historischen Faktum, es ist Teil der Wahrheit, weil es das Bild der Vergangenheit aktiv mitprägt. Beispielhaft zeigt sich diese Dynamik in Argentinien während der Militärdiktatur (1976–1983), wo ein „Pakt des Schweigens“[30] innerhalb der Streitkräfte dazu führte, dass über das Verschwindenlassen von Tausenden Menschen jahrzehntelang nicht gesprochen wurde. In Ruanda wiederum wurde nach dem Genozid 1994 deutlich, wie schwierig es war, Aussagen von Tätern zu erhalten, vielfach aus Angst vor Stigmatisierung durch die eigene Gruppe.[31] Auch in Indonesien gibt es bis heute kaum öffentliche Schuldanerkenntnisse durch Täter der antikommunistischen Massaker von 1965/66[32], was zu einer Kultur des Verdrängens führte.
Doch dieses kollektive Schweigen wird brüchig, sobald Einzelne aus der Tätergruppe sprechen. Wer sich offenbart, durchbricht den Konsens des Schweigens, riskiert damit jedoch zugleich den Ausschluss aus der eigenen Gemeinschaft, soziale Ächtung, manchmal sogar physische Bedrohung. Derjenige, der sich zur Wahrheit bekennt, wird nicht selten von der eigenen Seite als Verräter diffamiert. Gleichzeitig droht Vergeltung von ehemaligen Gegnern, besonders in Kontexten, in denen Recht und Schutz nicht garantiert sind. Das macht deutlich, dass Wahrheit zum Risiko werden kann und so ihre Offenbarung erschwert wird. Genau deshalb braucht es institutionelle Schutzräume, die beides ermöglichen: das Bekenntnis zur Wahrheit und den Schutz vor gewissen Konsequenzen, wenn diese offenbart wird.
Schlussbetrachtung und Ausblick
Der vorliegende Text verdeutlich die Mehrdimensionalität von Wahrheit und Wahrheitsfindung im Kontext von Gewaltkonflikten. Es zeigt sich, dass diese kein linearer Prozess ist und nicht in einer bloßen Dokumentation von Fakten aufgehen darf.
Doch Fakten bleiben von vitaler Bedeutung. So erklärt Benjamin Ferencz, Chefankläger der Nürnberger Prozesse, in seinen Erinnerungen[33], wie wichtig es war, die Beweise zu sichern, darunter die Listen der Häftlinge sowie die Namen der Lagerleitung und der verantwortlichen SS-Mitglieder. Auf dieser Grundlage wurden Haftbefehle ausgestellt, um die betreffenden Personen festzunehmen. Auch für das Internationale Tribunal für den Jugoslawienkrieg (ICTY) war die Sicherung von Fakten grundlegend.[34] Das Sammeln und Bereitstellen von Beweisen, Dokumenten, Zeugenaussagen und weiteren Fakten ist essenziell für eine grundlegende Aufarbeitung von Unrecht und Gewalttaten. Es geht um mehr als Strafjustiz und Gerichtsbarkeit; die Sicherung und Bereitstellung zahlreicher Fakten erschwert das Hinterfragen und In-Abrede-Stellen der Tatsachen. So wird auf Faktengrundlage die Wahrheit nachgezeichnet und gesichert, sodass umso weniger mit Relativierungen und „alternativen Fakten“ argumentiert werden kann.
Faktenbasierte Wahrheit stellt gleichzeitig die Grundlage für einen Versöhnungsprozess dar.[35] Im heutigen Kontext sind hier beispielsweise die von zivilgesellschaftlichen Institutionen und dem Internationalen Strafgerichtshof durchgeführten Ermittlungen zur Verschleppung von Kindern und anderen verbrecherischen Akten im Ukrainekrieg zu erwähnen.[36] Selbst wenn eine gerichtliche Verfolgung nicht möglich ist und Gerechtigkeit somit nicht oder nur unzureichend hergestellt werden kann, kann die Arbeit staatlicher/internationaler Ermittlungsbehörden oder zivilgesellschaftlicher Organisationen eine Basis für spätere Forschungen, Strafprozesse und/oder Verhandlungen über Reparationen legen. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als bedenklich, dass Institutionen wie der Internationale Strafgerichtshof unterminiert werden und mit der Verbreitung gezielter Desinformation vernünftigen Bewertungen und Urteilen die Grundlage entzogen werden soll.
Die Versuche der Neu- oder Umdeutung zeigen, dass Wahrheit komplex ist. Es handelt sich um ein gesellschaftliches Ringen um Anerkennung, Verantwortung und Vertrauen. Wahrheit muss ermöglicht, bezeugt, geschützt und in ihrer Komplexität und Ambivalenz ausgehalten werden. Ihre Wirkkraft entfaltet sich auf verschiedenen Ebenen, individuell, gesellschaftlich, politisch und symbolisch. In diesem Sinne ist Wahrheit kein stabiler Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess, offen, fragmentiert und oft umkämpft. Davon abgeleitet müssen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Wahrheit streben, auf ihre Verleugnung hinweisen und diese wo möglich aufdecken. Wahrheit ist immer auch Auftrag. Im „interaktiven Prozess der Wahrheitsfindung“[37] darf das Ideal der Wahrheit nicht aufgegeben werden; es gilt diesem nachzustreben. Die Instrumentalisierung von Perspektiven, die Reinterpretation oder gar das Ignorieren von Fakten und die Relativierung von Tatsachen zur Schaffung von „alternativen Wahrheiten“ ist höchst problematisch und kann keineswegs die Grundlage für Gerechtigkeit oder Versöhnung stellen. Deutungen und Interpretationen müssen im vernünftigen Rahmen und auf solider Grundlage erfolgen, damit sie in Beziehung gesetzt werden können.
Transitional Justice bietet dafür ein Rahmenwerk, um eine Gesellschaft zu stabilisieren und Vertrauen zu schaffen. Mechanismen wie Wahrheitskommissionen, gerichtliche Aufarbeitung, Reparationen und strukturelle Reformen, die innergesellschaftliche Brücken schaffen, zielen darauf ab, vergangenes Unrecht zu adressieren und das Fundament für eine gerechtere Zukunft zu legen. Doch diese Instrumente wirken nicht automatisch und Wahrheitsfindung allein reicht nicht aus.
Wahrheit kann spalten, retraumatisieren oder als bloßes Symbol verpuffen, wenn sie ohne Konsequenzen bleibt. Wahrheit ohne Gerechtigkeit wird zur Enttäuschung; Gerechtigkeit ohne Wahrheitsanerkennung bleibt ein formeller Akt, Wahrheit ohne Anerkennung gibt den Opfern nicht ihre Würde zurück.
Ohne Wahrheit wird ein Versöhnungsprozess schwer begehbar. Nur in Verbindung mit Gerechtigkeit, Reparation, Brückenbildung und institutioneller Glaubwürdigkeit entfaltet sie ihr volles Potenzial für einen langen und nachhaltigen Frieden.
[3] Leiner, Martin (2018): Conclusion: From Conflict Resolution to Reconciliation. In: ders. und Schliesser, Christine (Hg.): Alternative Approaches in Conflict Resolution. Cham, S. 175−185. Leiner, Martin (2022): The Hölderlin-Perspective and its Impact on Reconciliation with Refugees. In: Tacchini, Davide et al. (Hg.): Reconciliation and Refugees. The Academic Alliance for Reconciliation Studies in the Middle East and North Africa I. Göttingen, S. 19−40.
[4] Gardner Feldman, Lily (2012): Germany's foreign policy of reconciliation. From enmity to amity. Lanham, Md.
[6] Rehrmann, Carolina (2020): Emotional Reconciliation: Challenges, Prospects, and Inherent Contradictions. Reconciliation as Concept and Strategy. In: Rehrmann, Carolina, Biermann, Rafael und Tolliday, Phillip (Hg.): Societies in Transition. The Caucasus and the Balkans between conflict and reconciliation. S. l., S. 17−52.
[7] Tutu, Desmond (1999): No Future Without Forgiveness. New York.
[8] Fiedler, Charlotte und Mross, Karina (2023), s. Endnote 2.
[10] Anderson, Benedict R. (1991): Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism. London.
[11] Schacter, Daniel L., Guerin, Scott A. und St Jacques, Peggy L. (2011): Memory distortion: an adaptive perspective. In: Trends in cognitive sciences 15 (10), S. 467−474. DOI: 10.1016/j.tics.2011.08.004; Gobodo-Madikizela, Pumla (2003): A human being died that night. A South African story of forgiveness. Boston.
[12] Demertzis, Nikos (2015): O ellinikos Emfylios os politismiko trauma. [The Greek civil war as cultural trauma]. In: SAS 28, S. 81−109. DOI: 10.12681/sas.821.
[13] Lynn, Steven Jay, McNally, Richard J. und Loftus, Elizabeth F. (2023): The Memory Wars Then and Now: The Contributions of Scott O. Lilienfeld. In: Clinical Psychological Science 11 (4), S. 725−743. DOI: 10.1177/21677026221133034. Siehe auch den Beitrag von Ljiljana Radonić in dieser Ausgabe.
[14] Park, Yuha (2024): Comfort women of the Japanese empire. Colonial rule and the battle over memory. Abingdon, Oxon, New York.
[15] Mladenova, Dorothea (2022): The Statue of Peace in Berlin: How the Nationalist Reading of Japan’s Wartime “Comfort Women” Backfired. In: The Asia-Pacific Journal: Japan Focus, 15.2. https://apjjf.org/2022/4/mladenova (Stand: 7.4.2025).
[16] Thiele, Hans-Günther (Hg.) (1997): Die Wehrmachtsausstellung. Dokumentation einer Kontroverse. Bonn.
[17] Der erste offizielle Bundespräsidentenbesuch fand am 4. September 2013 statt, als Bundespräsident Joachim Gauck mit seinem Amtskollegen Staatschef François Hollande Hand in Hand der Opfer gedachte. Das erste Mal, dass ein Bundespräsident am Gedenk- und Erinnerungstag (10. Juni) teilnahm, war erst 2024 mit dem Besuch von Frank-Walter Steinmeier. Der Fall zeigt, wie langwierig und schwer ein Versöhnungsprozess auch nach 80 Jahren sein kann.
[18] Gardner Feldman, Lily (2012), s. Endnote 4, S. 87; Farmer, Sarah Bennett (1999): Martyred village. Commemorating the 1944 massacre at Oradour-sur-Glane. Berkeley.
[19] Karpouchtsis, Charalampos Babis (2024): German Foreign Policy and Greek Martyr Communities. Reconciliation policy for places of memory in Greece and the role of recognition. S. l. , S. 111.
[20] Brunner, José und Stahl, Daniel (2016): Recht auf Wahrheit. Zur Genese eines neuen Menschenrechts. Göttingen; Puppe, Ingeborg (2018): Das Recht auf Wahrheit im Strafrecht. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 130(3), S. 649–673. DOI: 10.1515/zstw-2018-0026.
[21] Stamenkovikj, Natasha (Hg.) (2021): The right to know the truth in transitional justice processes. Perspectives from international law and European governance. Leiden, Boston.
[23] Zorba, Gülbanu K. et al. (2020): Forensic identification of human remains in Cyprus. In: Parra, Roberto C., Zapico, Sara C. und Ubelaker, Douglas H. (Hg.): Forensic Science and Humanitarian Action. Hoboken, NJ, Chichester, S. 609−623.
[24] Robins, Simon (2012): Transitional Justice as an Elite Discourse. Human Rights Practice Where the Global Meets the Local in Post-conflict Nepal. In: Critical Asian Studies 44(1), S. 3−30. DOI: 10.1080/14672715.2012.644885.
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[28] Králová, Kateřina und Lagos, Katerina (2024), s. Endnote 27.
[29] Hoeres, Peter (2023): Transitional Justice in historischer Perspektive. In: ders. und Knabe, Hubertus (Hg.): Nach der Diktatur: Die Aufarbeitung von Gewaltherrschaften. Berlin/Boston, S. 15 f. DOI: 10.1515/9783111252674.
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[32] Cribb, Robert (2002): Unresolved Problems in the Indonesian Killings of 1965–1966. In: Asian Survey42(4), S. 550–563. DOI: 10.1525/as.2002.42.4.550.
[33] Ferencz, Benjamin B. (2020): „Sag immer Deine Wahrheit“. Was mich 100 Jahre Leben gelehrt haben. Unter Mitarbeit von Nadia Khomami. Deutsche Erstausgabe. München.
[34] Hoffmann, Klaus (2011): Internationale Strafgerichte und Tribunale und ihre (potenzielle) Rolle im Versöhnungsprozess. In: Buckley-Zistel, Susanne und Kater, Thomas (Hg.): Nach Krieg, Gewalt und Repression: Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit. Baden-Baden, S. 81−90.
[35] Hoffmann, Klaus (2011), s. Endnote 34, S. 82 f.
[37] Buckley-Zistel, Susanne und Moltmann, Bernhard (2006): Versöhnung: Gratwanderung zwischen Wahrheit und Gerechtigkeit. In: Mutz, Reinhard et al. (Hg.): Friedensgutachten 2006. Berlin, S. 168−176, S. 174. Weiter heißt es dort: „Die Suche nach Wahrheit als Weg zur Versöhnung kommt daher einem Prozess der narrativen Mediation individueller, oft verhärteter Standpunkte gleich.“
Dr. Charalampos Babis Karpouchtsis, geboren in Thessaloniki, studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Seinen M.A. in European Politics absolvierte er an der University of Bath (UK). 2023 promovierte er am Jena Center for Reconciliation Studies (JCRS) der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seit 2022 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg. Unter anderem verantwortet er den Bereich Politische Bildung am Democratic Resilience Center der HSU und lehrt am Lehrstuhl für Internationale Sicherheitspolitik und Konfliktforschung. 2024 wurde er mit dem Dissertationspreis der Fritz-und-Helga-Exner-Stiftung der Südosteuropa-Gesellschaft ausgezeichnet.