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Warum eine angstgesteuerte und menschenrechtswidrige Antiterrorpolitik kurzsichtig ist: Lehren aus der US-amerikanischen Erfahrung

Von Rita Siemion & Adam Jacobson

In der Folge der Anschläge vom 11. September 2001 ergriffen die USA drastische Maßnahmen im sogenannten „Krieg gegen den Terror“. Bürgerrechte wurden außer Kraft gesetzt, internationale Übereinkünfte missachtet. Die Autoren Rita Siemion und Adam Jacobson weisen in ihrem Beitrag nach, dass diese harte, aktionsorientierte Strategie zwar öffentlichkeitswirksam eine unverminderte Handlungsfähigkeit der Regierung suggerierte, sich aber als ineffektiv erwies, den angestrebten Zielen in der Terrorismusbekämpfung zum Teil sogar zuwiderlief.

Siemion und Jacobson kritisieren nicht nur die Anwendung des Kriegsgefangenenrechts auf Terrorverdächtige durch die US-Regierung, sondern auch die Misshandlungen und Folterungen und den Einsatz von Drohnen auf ausländischem Territorium. Gestützt auf die Erkenntnisse von Wissenschaftlern und Praktikern, stellen die Autoren die Wirksamkeit von Folterpraktiken grundsätzlich in Frage. Körperliche Übergriffe seien nachweislich nicht geeignet, valide Aussagen zu erlangen. Folter hat einen direkten Einfluss auf das Erinnerungsvermögen der Opfer; die Gemarterten geben falsche Geständnisse ab, um ihre Qualen zu beenden. Die Autoren benennen verbürgte Fälle, in denen Falschaussagen von Gefolterten die Ermittlungsbehörden in die Irre führten – so wurden Zeit und Personal beansprucht, die dann wiederum an anderer Stelle fehlten.

Auch die Praxis der gezielten Tötungen verdächtiger Personen durch ferngesteuerte Drohnen wird durch die Autoren kritisch betrachtet. Sicherheitsexperten beklagen, dass durch diese Tötungen relevantes Täterwissen ausgelöscht wird.

Zugleich richtet blinder Aktionismus auf politischer Ebene massiven Schaden an. Die USA verloren das Vertrauen von Verbündeten und spielten dem Gegner in die Hände. Extremistische Organisationen wie Al-Kaida greifen Rechtsverstöße auf und nutzen diese für ihre antiwestliche Propaganda. Die Folgen sind verheerend. Berichte über Folterungen und Drohnenangriffe mit zivilen Opfern motivieren andere, sich den Extremisten anzuschließen. Lokale Bündnispartner gehen auf Distanz zu den USA, deren Selbstverständnis als Rechtsstaat nicht länger glaubwürdig erscheint. Die US-Regierungen verlieren die Legitimation, international als Advokat der Menschenrechte aufzutreten.

Originalartikel