Wehrpflicht, kriegstüchtige Bundeswehr und wehrhafte Gesellschaft in Zeiten hybrider Kriegsführung
Die von Bundesverteidigungsminister Pistorius eingebrachten Konzepte der „Kriegstüchtigkeit“ und „Wehrhaftigkeit“ haben die schwelende Diskussion um die ausgesetzte Wehrpflicht befeuert. Zugleich ist die Umsetzung des geplanten neuen Wehrdienstmodells fraglich, sodass eine neue Grundsatzdiskussion um Dauer, Form und Grenzen staatlich tolerierter Freiwilligkeit oder gar die Einführung einer generellen Wehrpflicht beginnen könnte. Vor diesem Hintergrund müssen zum einen Grundannahmen hinterfragt werden. Das gilt sowohl mit Blick auf die vom neuen Modell betroffene Generation Z, die sich entgegen gängigen Stereotypen politisch interessiert und informiert sowie gesellschaftlich engagiert zeigt. Auch die angenommene automatische Verknüpfung von individueller Verbundenheit mit der nationalen Gemeinschaft und der Bereitschaft zum Wehrdienst oder der postulierte Sozialisationseffekt lassen sich nicht nachweisen. Des Weiteren sind abhängig vom gewählten Dienstmodell zahlreiche Aspekte der Wehrgerechtigkeit zu beachten. Dies gilt nicht zuletzt für den Dienst von Frauen, die in der Bundeswehr nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert sind, von mangelnder Ausstattung bis hin zu sexuellen Übergriffen.
Angesichts der begründeten Notwendigkeit ausreichender militärischer Kapazitäten, der hybriden Bedrohungslage sowie weiterer Herausforderungen wie der immer bedrohlicheren Auswirkungen der Erderhitzung plädiert der Beitrag für einen erweiterten Gesellschaftsdienst für alle Altersgruppen. Ein solches, möglichst freiheitliches Modell würde unter anderem einer Verengung auf militärische Verteidigungsbereitschaft vorbeugen und Resilienz auf positiv-konstruktivem Weg, durch gelebte Demokratie- und Integrationserfahrung herausbilden.
Originalartikel