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Resilienz aus der Perspektive der Fürsorgeethik

Von Eva van Baarle & Peter Olsthoorn

Nicht nur die unmittelbaren physischen Erfahrungen eines Einsatzes können die psychische Gesundheit von Soldaten schwer beeinträchtigen. Auch das Miterleben von Verstößen gegen ihre moralischen Grundsätze durch den Feind oder durch ihre Mitsoldaten und Vorgesetzten kann verheerende Auswirkungen haben. Sie können dazu führen, dass die Soldaten moralisch desorientiert sind, dass sie zunehmend Scham-, Schuld- oder Hassgefühle empfinden und dass sie allgemeine Antworten auf Fragen nach Recht und Unrecht suchen. Man hat auf verschiedenen Wegen versucht, Soldaten geistig gesund zu erhalten. Einer davon besteht darin, ihnen überzeugende Gründe für ihren Einsatz zu liefern, was allerdings die Gefahr eines „Der Zweck heiligt die Mittel“-Denkens birgt. Der gute Zweck kann eine moralische Rechtfertigung für schreckliche Gräueltaten liefern. Eine andere Methode, die in den USA, Kanada und Australien eingeführt wurde, zielt darauf ab, die Widerstandskraft des Militärs zu stärken, indem durch den Einsatz Positiver Psychologie ein glücklicher, optimistischer Geisteszustand gefördert und aufrechterhalten wird. Neben dem Ziel, die Soldaten für alle möglichen Situationen „moralisch fit“ zu machen, könnte der Schwerpunkt auch auf der moralischen Heilung und Vergebung liegen. Ein solcher, auf gegenseitiges Verständnis und Interdependenz ausgerichteter und auf Fürsorge basierender Ansatz der Militärethik könnte den Soldatinnen und Soldaten helfen, die emotionalen Auswirkungen moralischer Konflikte zu bewältigen. Dies erfordert, dass militärische Einheiten nicht nur ihre Organisationskultur, sondern auch Eide und Verhaltenskodizes, die sich hauptsächlich auf Effizienz und Einsatzbereitschaft konzentrieren, sowie das soldatische Selbstverständnis mit seinem scheinbar immer noch tief verwurzelten Kriegerethos überdenken. Resilienz und Positive Psychologie im Militär sind heute offenbar vor allem darauf ausgerichtet, die Einsatzbereitschaft des militärischen Personals zu sichern. Ein entsprechendes Bündel von Tugenden und ein Verständnis von Tugendethik, das weniger auf Selbstvervollkommnung und Autonomie ausgerichtet ist, könnte einen alternativen Weg der Charakterbildung aufzeigen und zu einem besseren Verständnis für andere führen.

Originalartikel