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Verfügbare Zukunft? Friedensethische Reflexionen unter der Perspektive des ­gerechten Friedens und der ­vorausschauenden Klugheit

Von Franz-Josef Overbeck

Bischof Franz-Josef Overbeck geht in seinem Beitrag der Frage nach, inwieweit die Methoden der strategischen Vorausschau der erstrebenswerten Zukunftsvorstellung des gerechten Friedens dienstbar gemacht werden können. Dabei stellt er zunächst die wesentlichen Elemente des modernen Foresight-Instrumentariums als „systematische Beschäftigung mit dem Ungewissen“ dar: Identifikation von treibenden Kräften, Offenlegung eigener Bedingtheiten und Einstellungsmuster, Veranschaulichung verschiedener möglicher Entwicklungen unter Berücksichtigung von Brüchen und Diskontinuitäten sowie Identifikation von Handlungs- und Gestaltungsspielräumen. Festzuhalten bleibt dem Autor zufolge jedoch zugleich die ethische Neutralität strategischer Vorausschau, die jeglichen Zielen dienen kann.

Dies wirft ein grundsätzliches Problem auf. Ist die Vereinbarkeit mit dem Konzept des gerechten Friedens, das der Gewaltlosigkeit und der Gewaltprävention verpflichtet ist und ein an diesen Kriterien orientiertes, umfassendes politisches Krisenmanagement fordert, überhaupt gegeben?

Die Lösung findet sich für Bischof Overbeck im Konzept der ­Klugheit (Prudentia) aus der aristotelisch-christlichen Tugendethik. Wer in diesem Sinne klug handelt, berücksichtigt Aspekte, die auch Foresight-Prozesse auszeichnen – darunter das Denken in verschiedenen Optionen und das Einbeziehen unterschiedlichster, auch konträrer Prinzipien. In  ihrer Orientierung am „langfristig Dien­lichen“ und am Maßstab des Guten weist die Prudentia aber zugleich darüber hinaus und ermöglicht erst eine ethisch wünschenswerte Anwendung des Foresight-Instrumentariums und daraus abgeleiteter Maß­nahmen. Im Kontext einer gelingenden Krisenprävention übersetzt der Autor dies in drei konkrete Forderungen: die Betrachtung der Geschichte von Konflikten, die Fokussierung auf die betroffenen Menschen – insbesondere ihre religiöse Prägung – sowie Toleranz und Respekt gegenüber ihren Traditionen.

Originalartikel