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Krisenfrüherkennung und Vorausschau in der Friedens- und Sicherheitspolitik: Früher, entschiedener, ­substanzieller agieren!

Von Winfried Nachtwei

Es ist nicht lange her, da forderte der damalige Bundespräsident Gauck, die Bundesrepublik solle sich außen- und sicherheitspolitisch „früher, entschiedener und substanzieller einbringen“. Seit der Münchener Sicherheitskonferenz 2014 ist dieser Ausspruch zum geflügelten Wort für die neue deutsche Sicherheitspolitik geworden. Winfried Nachtwei geht in seinem Beitrag als intimer Kenner des Berliner Politikbetriebes der Frage nach, was diese Forderung für die (zivile) Krisenprävention und die Krisenfrüherkennung bedeutet. Ausgehend von einer kurzen Aufzählung weltgeschichtlicher Überraschungen der letzten 30 Jahre, die nicht selten gleichzeitig sicherheitspolitische Krisen ausgelöst haben, skizziert der Autor den Bedarf an Krisenfrüherkennung zur Eindämmung des Überraschungspotenzials in einer von wachsender Ungewissheit geprägten Welt. Hierfür habe die Bundesregierung auch das Mittel der strategischen Vorausschau bereits erkannt und sich zum Ziel gesetzt, in diesem Bereich Kompetenzen auszubauen und miteinander zu verknüpfen. Auf der Grundlage einer ausgiebigen Recherche in den einzelnen Institutionen liefert Nachtwei eine Bestandsaufnahme zum Thema Vorausschau und Krisenfrüherkennung in den einzelnen Ressorts (Entwicklung, Verteidigung und Auswärtiges Amt) sowie deren Vernetzung (hier ist insbesondere die Bundesakademie für Sicherheitspolitik zu nennen) untereinander. Sowohl in puncto Kompetenzen als auch beim Grad der Vernetzung stellt er einen nicht unerheblichen Nachholbedarf fest.

In einem zweiten Teil verdeutlicht Nachtwei die Stolpersteine für die Krisenprävention, die oftmals zwischen einer frühen und präzisen Analyse und den sicherheitspolitischen Entscheidungsträgern in Exekutive und Legislative liegen. Hier gibt der langjährige Bundestagsabgeordnete Erkenntnisse aus seiner umfangreichen Zeit als Sicherheitspolitiker wieder, die bisweilen sehr nachdenklich machen. Die persönliche Note dieses Abschnittes und der Blick hinter die Kulissen der Berliner Republik sind für den interessierten Leser ein großer Gewinn.

Der Beitrag endet mit einem Plädoyer für die strategische Vorausschau und mit sehr bedenkenswerten Empfehlungen für eine festere Implementierung ihrer Methoden, um internationale Krisenverhütung und Friedensförderung insgesamt wirksamer und die Welt womöglich ein wenig friedlicher zu machen.

Originalartikel