Krieger sind in der Armee fehl am Platz
In vielen westlichen Streitkräften ist der Kriegerbegriff positiv besetzt und wird als Auszeichnung verstanden, in bestimmten gesellschaftlichen Milieus gilt er als attraktiv, und auch die Medien sind voller Kriegerdarstellungen. Dabei werden jedoch eher idealisierte, archetypische Vorstellungen transportiert, als dass auf historische Figuren Bezug genommen wird.
Untersucht man diese vieldeutigen, emotional besetzten Bilder historisch-anthropologisch, zeigt sich die Problematik der Figur. Indem Krieger häufig gegen Autoritäten rebellieren, sich zu unehrenhaftem Verhalten gegenüber ihresgleichen hinreißen lassen, plündern oder sogar vergewaltigen, begehen sie schwere Verstöße gegen wesentliche Funktionen der Gesellschaft. Bis in die heutige Zeit finden sich zahlreiche Belege für problematische Charakteristika, insbesondere Selbstbezogenheit, Unterordnungsprobleme, Unbeherrschtheit und Gewaltausbrüche sowie ein paradoxes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht. Die mit dem Krieger einhergehende Idee einer Sonderstellung birgt die Gefahr, sich mehr oder weniger außerhalb bzw. über der Gesellschaft zu sehen und sogar eigene Regeln und Gesetze aufzustellen.
Von Bedeutung ist dieses elitäre Verständnis unter anderem, weil es die Kohäsion der Truppe schwächen kann, zu einer Fokussierung auf das Militärhandwerk (den funktionalen Imperativ nach Huntington) führt und im Extremfall die Idee der gesellschaftlichen Kontrolle von Streitkräften untergräbt. Statt der ambivalenten Kriegerfigur braucht es ein nüchterneres Leitbild vom Soldaten, der dem Staat dient.
Originalartikel