Warum ziehen junge Europäer in den Dschihad? Von Jürgen Manemann
Kurz gefasst von Cornelius Sturm
Dschihadistische Gruppen üben eine starke Faszination auf Menschen mit Identitätsstörungen aus. Innere Leere, mangelnde Empathie, Ohnmachtsgefühle und körperliche Unsicherheit sind nach Ansicht von Jürgen Manemann kennzeichnend für die psychische Verfassung speziell europäischer Dschihadisten. Viele von ihnen fühlen sich ausgegrenzt und isoliert. In der fanatischen Ideologie finden sie einen Halt, der ihnen zuvor fehlte.
Manemann zufolge erklären gängige Deutungsansätze die Anziehungskraft des dschihadistischen Terrorismus nur unzureichend. Diese lässt sich weder auf religiöse oder ethische Hintergründe noch auf die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Schichten reduzieren. Auch eine bloße Verteufelung hilft nicht weiter, weil sie die Frage nach den Ursachen der Faszination ausblendet.
Im Kontrast dazu sieht Manemann den Kern der dschihadistischen Ideologie im Hass auf das Leben. Dschihadismus ist damit eine Form des aktiven Nihilismus, der das Leben als wertlos betrachtet. Mit ihrer Begeisterung für den Tod ähneln die Terrorgruppen den faschistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts. Sie kompensieren die Angst vor der menschlichen Schwäche und Verletzlichkeit durch Gewalt. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich wiederum Strategien gegen die Radikalisierung Jugendlicher entwickeln.