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"Cyberkrieg": Geschichte und Gegenwart eines umkämpften Begriffs

Von Philipp von Wussow

Philipp von Wussow geht in seinem Artikel dem schillernden Begriff des "Cyberkriegs" auf den Grund. Er identifiziert zwei Extrempositionen in der aktuellen Debatte - beide mit wenig Bezug zum tatsächlichen technischen Potenzial von Cyberangriffen, dagegen umso mehr zu Ängsten aus Zeiten des Kalten Kriegs. Laut der einen Seite drohen der Menschheit katastrophale Cyberkriegsszenarien bis hin zur Totalvernichtung ("Cybergeddon"). Für die Vertreter der Gegenseite verbietet sich die Rede vom "Cyberkrieg", weil dies vor allem einer militärisch-geheimdienstlichen Kontrolle des Internets Vorschub leiste und die Eskalationsgefahr erhöhe.

Der eigentliche Kern des Problems besteht dem Autor zufolge darin, dass die omnipräsente Cyberkriminalität und Cyberspionage "den permanenten Ausnahmezustand zum Normalzustand" mache und mit der herkömmlichen Dichotomie von Krieg und Frieden nicht adäquat zu fassen sei. Dieser durch Hegemoniekämpfe und latente Bedrohung gekennzeichnete "Schwebezustand" könne am besten mit dem Hobbes'schen Naturzustand - dem Kampf aller gegen alle - verglichen werden.

Zugleich lasse sich aber absehen, so von Wussow weiter, dass jener anarchische Status quo (dem Hobbes'schen Modell entsprechend) durch verschiedene Prozesse eingehegt werde, weil dies langfristig im Interesse der großen Akteure sei. Eine Normierung "von oben", beispielsweise durch völkerrechtliche Instrumente, scheine hierfür allerdings weniger geeignet als eine Herausbildung von Verhaltensmaßstäben, die aus der Cyberpraxis selbst hervorgehen. Ebenso werde die Rechtsprechung zu Haftungsfragen oder das Setzen von Industriestandards eine große Rolle spielen.

Allein die Vielzahl der beteiligten Instanzen und die herrschende Arbeitsteilung zwischen Staat und Privatsektor widerlegt nach Auffassung des Autors die Rede von der "Militarisierung" des Cyberspace. Genauso wenig solle man dem Militär angesichts der potenziellen Bedrohung durch einen möglichen Cyberangriff ­jegliche Befugnis bei der Cyberabwehr absprechen.

Originalartikel