Von Rollenkonflikten und Verpflichtungen – Militärärzte sind Ärzte
„Ich will mich enthalten jedes willkürlichen Unrechtes und jeder anderen Schädigung.“ Der Eid des Hippokrates aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., heute im aktuellen Gewand medizinethischer Prinzipien, leitet viele Ärzte in ihrem Handeln: Respekt der Patientenautonomie, Nicht-Schaden, Wohltun und Gerechtigkeit. Sie verpflichten sich darauf genauso wie ein Soldat dem Eid im militärischen Dienst. Das internationale Völkerrecht trägt dem Rechnung: Militärärzte dürfen im bewaffneten Konflikt weder selbst anderen Menschen Schaden zufügen noch selbst beschädigt werden. Dr. Daniel Messelken sieht in der Union von Arzt und Soldat einen potenziellen Rollenkonflikt: heilend und pflegend der eine, der andere kämpfend und verletzend. Er entwickelt daher medizinethisch und völkerrechtlich seine Position, die medizinische Rolle müsse größer gewichtet werden.
Der Arzt folgt der Medizinethik, die das individuelle Patientenwohl in den Vordergrund stellt, der Soldat orientiert sich an der Militärethik mit ihrem kollektiven Blickwinkel. Die Doppelrolle führt Konflikte herbei, ob tatsächlich oder nur empfunden, etwa in Hinblick auf Triagekriterien oder Patientenselektion. Sie verlangt vom Arzt bewusste Entscheidungen, vom soldatischen und politischen Umfeld den Willen zur Anerkennung der Militärärzte als Mediziner. Völkerrechtliche Vorgaben fordern klare Rollenteilung und vom Militärarzt die Einhaltung nicht nur medizinischer, sondern ausdrücklich medizinethischer Standards.
Nicht unumstritten, so Messelken, ist die Formulierung der World Medical Assiociation (WMA), Medizinethik in Zeiten bewaffneter Konflikte sei identisch mit Medizinethik in Friedenszeiten. Sie verhindert jedoch zu Recht, in Militärmedizinern Soldaten mit besonderen Fähigkeiten zu sehen, und rückt deutlich ihren Auftrag zum Heilen und ihre neutrale medizinische Aufgabe in den Vordergrund.
Originalartikel