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Wie kann Ethik bei der Regelung des Cyberkriegs helfen?

Von Mariarosaria Taddeo

Cyberattacken gegen Netzwerke, Infrastruktur oder Datenbanken sind im digitalen Alltag angekommen.  Das Völkerrecht oder die Theorie des gerechten Krieges helfen bei der Bewertung von Cyberattacken jedoch kaum weiter und Regelwerke zum Cyberwar stoßen schnell an Grenzen.

Laut Dr. Mariarosaria Taddeo kann auch das Tallin Manual der NATO, das die Anwendbarkeit des Völkerrechts im Cyberspace ausbuchstabiert, keine adäquaten Antworten auf die Herausforderungen der Cyberkriegführung geben. Ohne die Berücksichtigung von immateriellen Datenbanken und Netzwerken bietet es keine ausreichende Grundlage bei Cyberangriffen. Das Völkerrecht kann daher nicht mit der Informationsrevolution Schritt halten, betont Taddeo. 

Die US-amerikanische Definition des National Research Council geht einen Schritt weiter als das Tallinn Manual. Diese deklariert eine Cyberattacke auch dann als Angriff, wenn ihr ausschließlich Datenbanken und Rechnersysteme zum Opfer fallen, aber keine physischen Schäden entstehen. Eine solche Definition senkt allerdings die Schwelle für den Verteidigungsfall und ist nicht ohne Risiko. Doch auch im Verteidigungsfall gilt, dass ein Staat zunächst die Konsequenzen eines Krieges abwägen muss, erklärt Taddeo, denn erst wenn ein Krieg insgesamt positive Konsequenzen aufweist, kann er überhaupt legitim sein. Die Unsicherheit im Cyberspace macht diese Abwägung allerdings fast unmöglich. 

Wer trägt die moralische Verantwortung für Schadsoftware? Können Viren oder Rechnersysteme das Ziel ethischer Bewertung sein? Sollen wir immateriellen Systemen einen stärkeren rechtlichen Status einräumen und ihn gegebenenfalls verteidigen? Nach aktuellem Stand der Militärethik lassen sich diese Fragen nicht eindeutig beantworten. Die Theorie des gerechten Krieges und das Völkerrecht wurden Taddeo zufolge von der Informationsrevolution überholt. Entsprechend fordert sie neue theoretische Grundlagen, die dem Phänomen Cyberwar in Ethik und Sicherheitspolitik gerecht werden.

Originalartikel