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Editorial

Ausgabe 2014/01

Anonymes Töten durch neue Technologien? Der Soldat zwischen Gewissen und Maschine

Roboter am Abzug – das klingt nach Science Fiction. Tatsache ist, dass in etwa 60 Ländern und Armeen gegenwärtig an solch autonomen tödlichen Waffensystemen gearbeitet wird. In Bruchteilen von Sekunden werten diese verfügbare Daten aus und können so zielsicher entscheiden, wann und wohin sie feuern. Sie lassen sich durch nichts ablenken. Menschliches Versagen ist nicht mehr länger eine Fehlerquelle und präzise Kriegsführung mit Kampfrobotern reduziert Kollateralschäden. Diese Entwicklung und die mit ihr verbundenen Möglichkeiten werfen viele Fragen und auch ethische Bedenken auf.

Sind Soldaten wirklich ersetzbar? Können mit Algorithmen ausgestattete autonome Waffensysteme tatsächlich den hochkomplexen Entscheidungsprozess in unterschiedlichsten Einsatzszenarien übernehmen? Setzt verantwortungsvolles Entscheiden nicht ein Gewissen voraus? Selbstreflexion und Empathie sind zentral für die ethische Urteils- und Entscheidungsfindung. Lassen sich diese menschlichen Fähigkeiten auch nur annähernd in künstliche Intelligenz übersetzen?

Exemplarisch lässt sich an der Debatte um vollautonome Waffensysteme zeigen: Militärethisches Fragen ist nicht abgehoben, sondern erwächst unmittelbar aus der Lebens- und Erfahrungswelt des Militärs, aus den Herausforderungen, die z.B. mit den asymmetrischen Kriegen und Konflikten oder mit der technologischen Weiterentwicklung in der Kriegsführung einhergehen.

Ein zweiter Eckpunkt lässt sich an dieser Debatte nachzeichnen: Militärethik sollte interdisziplinär konzipiert sein. Die militärische Frage und Expertise, die völkerrechtliche Perspektive, die moralphilosophische oder auch theologische Sichtweise sowie aktuelle Befunde empirischer Wissenschaften, wie die der Psychologie oder der Politikwissenschaften, sollten eingeholt werden, um auf die gegenwärtigen Herausforderungen adäquat zu reagieren und das Problem nicht einseitig oder verkürzt zu betrachten.

Schließlich sollte die Debatte international und, wie die Beiträge der ersten Ausgabe unseres militärethischen E-Journals „Ethik und Militär – Kontroversen der Militärethik & Sicherheitskultur“ zeigen, kontrovers geführt werden.

Intention des E-Journals ist es, Themen und Impulse aus zebis-Fortbildungs- und Podiumsveranstaltungen im essayhaften Stil einer interessierten internationalen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und so – dem Auftrag des zebis als innovativem kirchlichen Bildungsakteur verpflichtet – die Debatte zu aktuellen militärethischen Fragen voranzubringen.

Ich danke allen, die zu dieser Ausgabe beigetragen haben – den namhaften Autoren, den Mitherausgebern und vor allem dem zebis-Redaktionsteam.

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Dr. Veronika Bock

Direktorin des zebis


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